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17 mm-Superweitwinkel : Tamron gegen Tokina

17 mm-Superweitwinkel : Tamron gegen Tokina

Kürzlich habe ich mal Lust darauf bekommen, eines der letzten Mysterien im Altglasbereich zu lüften : wie verhalten sich die beiden 17 mm Superweitwinkelobjektive von Tamron und Tokina auf einer Vollformatkamera und welches davon ist besser ? Natürlich gibt es im Internet diesbezüglich schon eine ganze Flut von Informationen, aber soweit ich weiss, wurden die beiden Kontrahenten, wenn überhaupt, bis jetzt nur auf Kameras mit kleineren Sensoren miteinander verglichen.

Das Tamron SP 17 mm f/3,5 in seiner ersten, mit Filtern ausgerüsteten, Version besitze ich schon seit einiger Zeit, habe es aber nur selten eingesetzt, da ich schon ein Samyang 14 mm f/2,8 und ein Voigtländer SL II 20 mm f/3,5 besitze, deren optische Konzeption neueren Datums ist und die dadurch einfach universeller einzusetzen sind, vor allem was Randschärfe und Streulichtanfälligkeit betrifft. Vom Tokina RMC 17 mm f/3,5 hatte ich schon zu Analogzeiten zwei Exemplare der zweiten Generation, das heisst ohne eingebaute Streulichtblende. Während ich mit dem ersten Exemplar sehr zufrieden war, musste das zweite einem Canon FD 20 mm f/2,8 und später einem Canon EF 20 mm f/2,8 weichen. Letzteres wurde schliesslich gegen ein Canon EF 17-40 mm f/4 L USM eingetauscht, das bei 20 mm wesentlich gleichmässigere Leistungen erbrachte und auch den Vorteil der anderen Brennweiten mitbrachte. Kürzlich fand ich wieder ein, mittlerweile drittes, Exemplar vom Tokina RMC 17 mm f/3,5, das aufgrund leicht zu behebender kleiner Mângel (ölige Blende und klemmender Entfernungsring) besonders günstig war.

Um die beiden Objektive miteinander zu vergleichen, ohne dabei die Planlage und das Auflagemass zweier verschiedener Adapter berücksichtigen zu müssen, habe ich das Tamron SP SP 17 mm f/3,5 (51B) mit einem Adaptall 2/ Minolta SR-Adapter ausgestattet. Den verwendeten K&F MD-NEX-Adapter habe ich innen mit reflexminderndem schwarzen Samt ausgekleidet, um vagabundierendes Streulicht weitgehend auszuschalten.

Die Konzeption beider Probanden stammt aus den späten Siebzigern. Wâhrend das Tamron SP 17 mm f/3,5 (51B) im Jahre 1979 eingeführt wurde und dann fünf Jahre später durch ein mechanisch einfacher aufgebautes, aber optisch unverändertes Modell (151B) ausgetauscht wurde, gab es das Tokina in zwei Versionen (mit oder ohne eingebaute Streulichtblende), bevor es im Jahre 1993 durch eine Autofokus -Version mit überarbeiteter optischer Konstruktion (aspärische Linse ) ersetzt wurde. Das hier von mir getestete Exemplar gehört zum zweiten Typ und damit zur einfachen Tokina SL-Festbrennweitenreihe.

Beide Objektive sind hervorragend verarbeitet und bestehen fast vollständig aus Metall, wobei beim Tamron der Blendenring die einzige Ausnahme vom “Heavy Metal” ist. Das Tamron besitzt sowohl einen eingebauten Klarglasfilter als auch einen Gelbfilter für die Schwarzweissfotografie (Y2) und zwei Filter für die Farbkorrektur (80B und 81B). Unglücklicherweise hat der Hersteller wie auch beim SP 24-48 mm f/3,5-3,8 auf ein Filtergewinde verzichtet, was den Einsatz von Streulichtblenden sehr erschwert : das Originalzubehör ist nur sehr selten zu finden und wenn, dann für einen Wucherpreis. Was leider auch für die Gummi-Streulichtblende des Tokina zutrifft, die von den Primo-Besitzern des Objektivs ebenfalls sehr häufig verschmäht wurde. Solltet Ihr diesbezüglich Anregungen haben, teilt sie uns bitte in den Kommentaren mit.

Inklusive Objektivdeckeln wiegt das Tokina mit Minolta SR-Anschluss 348 g, das Tamron SP nebst Objektivdeckeln und Adaptall 2 – Minolta SR-Adapter ist genau 50 g schwerer. Maximaler Durchmesser ist beim Tokina 69 mm, beim Tamron 70 mm, die Länge respektive 53 (Tokina) und 50,5 mm (Tamron).

Steckbrief

Tokina 17 mm f/3,5 SL RMC

• Optischer Aufbau : 11 Linsen in 9 Gruppen
• Vergütung: mehrfach (Tokina RMC)
• Blendenskala : f/3,5 bis f/16 (ganze Stufen)
• Anzahl der Blendenlamellen : 6
• Filterdurchmesser : 67 mm
• Kürzeste Entfernungseinstellung : 25 cm
• Masse und Gewicht : siehe oben

Tamron SP 17 mm f/3,5 (51B)

• Optischer Aufbau : 12 Linsen in 10 Gruppen
• Vergütung: mehrfach (Tamron BBAR)
• Blendenskala : f/3,5 bis f/22 (halbe Stufen von f/3,5 bis f/16, dann eine ganze Stufe)
• Anzahl der Blendenlamellen : 5
• Filterdurchmesser : 82 mm (in der Streulichtblende)
• Kürzeste Entfernungseinstellung : 25 cm
• Masse und Gewicht : siehe oben

Auflösungsvermögen und Kontrast nahe Unendlich

Durch den massiven Einsatz von “Floating Elements”, Asphären und Spezialgläsern mit besonders niedriger Dispersion hat sich im Superweitwinkelbereich in den vergangenen Jahrzehnten besonders viel getan. Deshalb sollte man bei den beiden Objektiven keine überzogenen Ansprüche stellen, zumal die damaligen Originalhersteller meist einen höheren Aufwand getrieben haben, was sich natürlich auch im doppelt oder dreifach höheren Preis niederschlug. So sind sie nur im erweiterten Zentrum scharf. Der Randabfall ist sehr deutlich und wird erst bei f/11 im fertigen Bild vernachlässigbar. Mein Tokina SL 17 mm f/3,5 leidet zusätzlich unter einer deutlichen der Bildebene abgewandten Bildfelwölbung, die nur in Richtung Nahbereich scharfe Ecken produziert – gegen Unendlich bleiben letztere immer unscharf und das sogar bei f/16.

Nachfolgend eine Testserie, mit der Sony A7R nebst Stativ und 2 s Selbstauslöservorlauf bei 100 ISO fotografiert. Es wurde mit maximaler Lupenvergrösserung auf das Geländer in der Bildmitte scharfgestellt. Die Bilder wurden nur mit Standardeinstellung in Camera Raw geschärft, die chromatischen Aberrationen bleiben unkorrigiert. Letztere sind aber sehr moderat und in Camera Raw noch gut beherrschbar. Nach der automatischen Korrektur verschwinden sie fast vollständig. Bedenkt bitte, dass es sich hier um fast ungeschärfte Ausschnitte in 200% – Vergrösserung handelt.

Anmerkung : die Blende meines Tamrons ist leider falsch kalibriert, was sich darin äussert, dass sie den Strahlengang bei Offenblende nicht vollständig freigibt. Ich habe deshalb alle Einstellungen beim Tamron interpoliert, die Offenblende entspricht in Wirklichkeit f/4.

Die gesamte Szene (Tokina bei Offenblende) – man erkennt deutlich die ausgeprägte Vignettierung !

Offenblende (Tokina f/3,5 und Tamron f/4)

Bildmitte (Tokina links und Tamron rechts).
Ecke rechts oben (Tokina links und Tamron rechts).

Auch wenn es beiden Objektive bei Offeblende noch an Kontrast mangelt, ist das Tokina deutlich schärfer in der Bildmitte, während das Tamron am Rand etwas detaillierter wirkt.

f/5,6

Bildmitte (Tokina links und Tamron rechts).
Die Tendenz setzt sich bei f/5,6 fort.

f/8

Bildmitte (Tokina links und Tamron rechts).
Ecke rechts oben (Tokina links und Tamron rechts).

f/11

Bildmitte (Tokina links und Tamron rechts).
Ecke rechts oben (Tokina links und Tamron rechts).

Bei f/11 schlägt die Diffraktion schon beim Tamron in der Bildmitte zu, während der Bildrand zufriedenstellend wird, ausser beim Tokina. Bei f/16 wird das Bild schon wieder deutlich weicher und diese Einstellung (und die f/22 beim Tamron) ist deshalb nur nützlich, wenn die Schärfentiefe absolute Priorität hat. Auch wenn beide Objektive in Sachen Schärfe und Kontrast keine Höchstleistungen bringen, sind sie doch durchaus brauchbar, das Tokina am Vollformat nur mit Abstrichen in den Bildecken.

Bildfeldwölbung, Verzeichnung und Vignettierung

Natürlich kann man mit den beiden Objektiven bei einer Naheinstellung von 25 cm keine richtigen Makroaufnahmen erwarten und das Bokeh hält sich auch schwer in Grenzen. Im Unterschied zu den meisten Originalherstellerobjektiven fehlt dem Tamron und Tokina auch ein optischer Korrekturausgleich bei kürzeren Entfernungen, was die Leistungen im Nahbereich zunehmend verringert.

Wie schon bei der Unendlichserie ersichtlich wurde, leidet das Tokina unter Bildfeldwölbung : die Bildebene biegt sich wie eine Schüssel in Richtung Rand, was dazu führt, dass sowohl eine nahe Unendlich liegende und als Schärfereferenz dienende Bildmitte als auch im Nahbereich liegende Bildränder in die Schärfeebene rücken. Beim Tamron ist die Tendenz genau umgekehrt : hier wölbt sich die Bildebene von der Mitte in Richtung Ecken weg, was die für die Entfernungseinstellung verwendete Ebene scharf zeichnet sowohl als auch weiter von der Kamera entfernte Bildecken, während der in den Ecken befindliche Nahbereich unscharf wird. Wahrscheinlich hätten bewegliche Linsenelemente (floating elements) dabei geholfen, diesen Bildfehler in Schach zu halten.

Das Tokina im Nahbereich bei Offenblende. Die Bildfeldwölbung hilft, die Schärfentiefe zu minimieren.
Durch die Bildfeldwölbung scheint das Tamron mehr Schärfentiefe zu besitzen.

Obwohl sich gerade bei Architekturaufnahmen eine Korrektur der Verzeichnung anbietet, hält sich dieser Bildfehler doch bei den beiden Objektiven in erträglichen Grenzen. Dies wurde durch einen Kunstgriff erreicht, der auch bei modernen Objektiven immer wieder angewandt wird : eine tonnenförmige Verzerrung in der Bildmitte wird durch eine kissenförmige am Bildrand teilweise ausgeglichen. Beide Objektive verhalten sich dabei sehr ähnlich, es wäre also schwierig, einen eindeutigen Sieger in Sachen Verzeichnung zu ermitteln.

Beide Aufnahmen : Tamron SP 17 mm f/3,5 bei Blende 11.

Während die Verzeichnung diskret bleibt, ist die Vignettierung bei beiden Objektiven sehr ausgeprägt. Beim Tokina ist die Randabdunklung etwas stärker als beim Tamron und sie scheint sich etwas weiter in Richtung Bildmitte zu erstrecken. Meist hilft es aber, auf f/8 oder f/11 abzublenden, um eine gleichmässige Ausleuchtung zu erreichen.

Tokina 17 mm f/3,5 bei Offenblende….
… und f/11 : abblenden ist nicht nur für die Schärfe am Bildrand nützlich !

Gegenlichtverhalten und Blendenflecken

Spätestens bei Gegenlichtaufnahmen und Aufnahmen mit starken Lichtquellen im Bildfeld offenbart sich das biologische Alter der beiden Objektive : bei Fotos gegen die Sonne zünden sie ein wahres Feuerwerk von Artefakten, die jegliche normale Nutzung der Fotos ohne langwierige Retuschen zunichte macht.

Die Sonne im Visier : Blendenreihe mit dem Tokina (links) und dem Tamron (rechts) zwischen Offenblende (obere Reihe) und f/11 (untere Reihe).

Die BBAR-Vergütung des Tamrons scheint dabei etwas leistungsfähiger als die RMC-Vergütung des Tokinas zu sein, aber die Unterschiede sind angesichts des allgemein niedrigen Niveaus nicht wirklich ausschlaggebend. Für meine Praxis der Landschafts-und Nachtaufnahmen sind die beiden Objektive also völlig untauglich, denn die extremsten Lichtsituationen sind meist auch wichtige Zutaten für eindrucksvolle Fotos.

Nachtaufnahme mit starken Lichtquellen – Überstrahlungen inklusive.
Auschnitt (100%) aus obiger Szene, Tokina links und Tamron rechts.

Bei der ganzen Misere hat das Tamron mit seiner 5-Lamellen- Blende dem Tokina gegenüber noch einen leichten Vorteil : bei Abblendung produziert es zehnarmige Blendensterne, während letztere beim Tokina nur sechs Verästelungen zeigen.

Tamron oder Tokina ?

Oder keines von beiden ? In der Tat ist keines der beiden Superweitwinkelobjektive heute noch konkurrenzfähig. Um die Auflösung der Sony A7R auch nur ansatzweise auszuschöpfen, sollte auf f/11 abgeblendet werden und bei der Bildbearbeitung sollte auch ein aggressiveres Schärfen und eine Anhebung des globalen und lokalen Kontrastes zum Standardrepertoire dazugehören. Ich biete Ihnen ein Set von Profilen an, mit denen sich in Lightroom und Camera Raw die Randabschattung und die Verzeichnung korrigieren lassen.

Die beiden Objektive sind aber trotz allem nicht “universell” verwendbar : Gegenlichtsituationen sind absolutes Gift und auch in normalen Situationen bleibt der Kontrast teilweise auf der Strecke – das Tokina und das Tamron 17 mm eignen sich also eher für Raw – Anwender, die ihre Fotos “aufhübschen” wollen, während ein “JPEG – Shooter” wahrscheinlich vom Ausgangslook der Fotos enttäuscht werden würde. Das Tamron SP 17 mm f/3,5 ist zweifelsohne das bessere der beiden Objektive. Die Schärfe ist gleichmässiger zwischen Mitte und Rand verteilt, das Verhalten bei Gegenlicht ist auch etwas besser, die Vignettierung ist etwas diskreter. Das Tokina zeigt eine höhere Mittenschärfe (Kontrast), während das Tamron eine leicht höhere Auflösung bringt. Beide leiden unter einer ausgeprägten Bildfeldwölbung , mit der sich jeder Besitzer auseinandersetzen muss, um halbwegs randscharfe Bilder zu erhalten. Im Moment weiss ich noch nicht, ob ich die beiden Objektive (oder eins davon..) behalten werde, denn mein Voigtländer SL II 20 mm f/3,5 ist eine ziemlich “runde” Sache, auch wenn der Bildwinkel etwas enger ist. Von meinem Canon EF 16-35 mm f/4 L IS USM ganz zu schweigen, das ist makellos…




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