0
Your cart is currently empty

Canon Lens FD 200 mm f/4

Canon Lens FD 200 mm f/4

Es gibt in meinem im Laufe der Jahre stark angeschwollenen Fundus einige Objektive, die ich regelmässig einsetze und die bei der anschliessenden Sichtung der Aufnahmen immer ein zufriedenes Lächeln in mein Gesicht zaubern. Das Canon nFD 200 mm f/4 mit Innenfokussierung gehört eindeutig dazu.

Im Laufe der Jahre hat Canon verschiedene Versionen dieses Teleklassikers produziert. Manche optische Konstruktionen wurden einfach von dem damals noch bestehenden Programm der Messsucherkameras übernommen und an die mit grösserem Auflagemass ausgestatteten Spiegelreflexkameras adaptiert.

Optik und Mechanik

Das war zum Beispiel bei den verschiedenen, für die R- und FL-Systeme gebauten, Versionen des 200 mm f/3,5 der Fall, die in direkter Linie vom M 200 mm f/3,5 der Messucherkameras abstammen. Das kompakte und leichte FL 200 mm f/4,5 war dagegen eine Neurechnung, die sich in erster Linie an preis – und gewichtsbewusste Amateurfotografen richtete. Wenn Canon auch gegen Ende der 1960 er Jahre zwei mit f/3,5 und f/4,5 unterschiedlich lichtstarke und kompakte Objektive dieses Typs anbot, ging der Hersteller dann ab dem FD-System dazu über, die Lichtstärken auf f/2,8 und f/4 zu erhöhen.

Während das FD 200 mm f/2,8 dabei zunächst optisch unverändert in die neue Kompaktobjektiv-Linie überführt (und später mit Innenfokussierung neu aufgelegt) wurde, musste das FD 200 mm f/4 schon im Jahre 1979 eine grosse Abmagerungskur über sich ergehen lassen (440 statt 675 g, 121 statt 133 mm Länge), bei der auch die optische Konstruktion eine gründliche Modernisierung erfuhr. Die Innenfokussierung brachte eine zusätzliche Linse, die Scharfeinstellung konnte jetzt locker mit einem Finger bewältigt werden. Ausserdem schrumpfte das Filtergewinde auf 52 statt 55 mm. Interessant ist auch die Absenkung der Mindesteinstellentfernung von 2,5 auf 1,5 m, die das Objektiv für den Nahbereich “fit” macht. Das optische System ist aber nicht nur dort seinem Vorgänger überlegen, sondern soll laut Hersteller auch eine verbesserte Korrektion des sekundären Spektrums gewährleisten. Zu diesem Zweck verwendete Canon zwei Linsen mit LD-Glas niedriger Dispersion in der vorderen Gruppe.

Das schlanke Objektiv hätte eigentlich auch den vom Fotojournalisten Hans Kanne an das Minolta MC 200 mm f/4,5 verliehenen Spitznamen “Telebleistift” verdient.

Unter den in der ersten Hälfte der 1980 er Jahre angebotenen Objektiven hatte das nFD 200 mm f/4 dank seiner Innenfokussierung eine absolute Alleinstellung. Aber auch in Sachen Masse und Gewicht war das Objektiv damals Spitze – das Zuiko 200 mm f/4 aus dem ganz auf Kompaktheit getrimmten Olympus OM-System ist beispielweise sowohl länger (127 statt 121 mm) als auch schwerer (490 statt 440 g), während die kompaktere und auch lichtschwächere Version Zuiko 200 mm f/5 das Canon um immerhin 16 mm und 80 g unterbieten kann.

Das Zuiko OM 200 mm f/5 ist unschlagbar klein und leicht.

Zum weiteren Vergleich : Das Nikkor 200 mm f/4 AI und das Tele-Tessar T 200 mm f/4 bringen bei einer Länge von 126 und 122 mm ein Gewicht von 540 bzw. 550 g auf die Waage, wobei alle Konkurrenten noch einen konventionellen und im Vergleich spürbar schwergängigeren Schneckengang aufweisen.

Das Canon FD 200 mm f/4 neben dem zeitgleich erschienenen “Lichtriesen” Canon FD 200 mm f/2,8

Die Innenfokussierung wäre perfekt, hätte Canon nicht wie bei anderen Festbrennweitenobjektiven mit “Floating Elements” oder Zoomobjektiven gummibeschichtete Messingrollen zur Führung der beweglichen Elemente verwendet. Bei Abnutzung des Gummibelags kommt es schlussendlich auch beim FD 200 mm f/4 zu Spiel im Entfernungsring oder (schlimmstenfalls) zu einer Dezentrierung des Objektivs und damit zu einem mehr oder weniger sichtbaren Schärfeabfall. Der Defekt lässt sich aber relativ einfach durch einen Austausch beheben, da das inkriminierte Gleitlager sich frei zugänglich unter dem Belag des Entfernungseinstellrings befindet.

Das Objektiv mit ausgezogener Streulichtblende.

Steckbrief

Canon Lens FD 200 mm 1 : 4 (New FD)

• Optischer Aufbau : 7 Linsen in 6 Gruppen
• Vergütung: mehrfach (Super Spectra Coating)
• Blendenskala : f/4 bis f/32 (halbe Stufen)
• Anzahl der Blendenlamellen : 8
• Filterdurchmesser : 52 mm
• Kürzeste Entfernungseinstellung : 1, 5 m
• Länge : 121,5 mm
• Gewicht : 440 g
• Streulichtblende : eingebaut und ausziehbar

Auflösungsvermögen und Kontrast bei Unendlich

Nachfolgend eine Testserie, mit der Sony A7 nebst Stativ und 2 s Selbstauslöservorlauf bei 100 ISO fotografiert. Ich habe jeweils mit maximaler Lupenvergrösserung und offener Blende auf das Ziffernblatt der Kirchturmuhr scharfgestellt.

Die gesamte Szene bei Offenblende.

Bedenkt bitte, dass es sich hier um fast ungeschärfte Ausschnitte in 200% – Vergrösserung handelt und man ansonsten eine Fotografie nur ganz selten in einem so grossen Massstab reproduzieren würde.

f/4

Mitte
Ecke (links unten)
f/5,6

Mitte
Ecke (links unten)
f/8

Mitte
Ecke (links unten)

f/11

Mitte
Ecke (links unten)

f/16

Mitte
Ecke (links unten)

Die Bilder wurden lediglich mit Standardeinstellung in Camera Raw geschärft, die chromatischen Abberationen blieben dabei unkorrigiert. Letztere sind aber dank der LD-Gläser ziemlich moderat und verschwinden nach einer automatischen Korrektion in Camera Raw fast vollständig. Verglichen mit meinem nFD 200 mm f/2,8 sind die lateralen chromatischen Aberrationen wesentlich geringer , während es in Sachen longitudinale Aberrationen kaum Unterschiede gibt.

Was Auflösungsvermögen und Kontrast anbetrifft, sind die Leistungen nahe Unendlich über das gesamte Bildfeld schon so gut, dass Abblenden eigentlich nur zwingend ist, um eine grössere Schärfentiefe zu erreichen. Um die Vignettierung in den Bildecken zu beseitigen, sollte man auf f/5,6 abblenden, der beste Schärfeeindruck ist bei f/8 erreicht, wobei es allerdings zwischen f/5,6 und f/16 keine Unterschiede gibt, die nicht durch ein wenig aggressiveres Schärfen ausgeglichen werden könnten. Die Blenden f/22 bis f/32 führen aber dann zu einem ausgeprägten Schärfeverlust und sie sollten nur verwendet werden, wenn maximale Schärfentiefe zur Priorität wird. Übrigens brechen die ausgezeichneten Leistungen des Canon nFD 200 mm f/4 auch auf der Sony A7R (36 Mpix.) nicht ein. Verglichen mit seinem lichtstarken Pendant (Canon nFD 200 mm f/2,8 ohne Innenfokussierung) sind Auflösungsvermögen und Kontrast des Canon nFD 200 mm f/4 auf durchaus vergleichbarem Niveau, nur produziert ersteres, wie weiter oben schon angesprochen, etwas breitere Farbränder entlang den Konturen.

Vignettierung und Verzeichnung

Im vorgehenden Beitrag hatte ich ja schon die Vignettierung angesprochen, die zwar bei Offenblende sichtbar ist, aber nur selten störend in Erscheinung tritt. Bei f/5,6 ist sie dann weitgehend verschwunden. Die Verzeichnung ist übrigens auch auf vorbildliche Art und Weise korrigiert, das Objektiv ist dadurch also für Architektur-und Städtebilder prädestiniert, ganz im Gegensatz zu den damals erhältlichen Telezooms, die bei der längsten Brennweite meist eine mehr oder weniger störende kissenförmige Verzeichnung zeigen.

Bokeh

Wie ihr ja wahrscheinlich schon wisst, bin ich in Sachen Bokeh sehr konservativ. Ich mag es einfach nicht, wenn sich die unscharfen Bereiche eines Bildes in den Vordergrund drängen und dabei das eigentliche Motiv überflügeln. In dieser Hinsicht verhält sich das FD 200 mm f/4 vorbildlich : es gibt kein nervöses Kopfschmerzen erzeugendes “Nisen”-Bokeh, keine Seifenblasen und auch keinen Swirl. Stattdessen löst das Objektiv sowohl den Vorder – als auch den Hintergrund in Wohlgefallen auf, ohne dass diese Bereiche dabei “laut” und aufdringlich werden.

Ob nah oder fern..
Vorder-oder Hintergrund…
… das Bokeh…
… wirkt nie vulgär !

Nahbereich

Oft wird vergessen, dass die Bildfehler eines Objektivs immer für einen bestimmten Abbildungsmasstab optimal korrigiert werden können und dass sie bei grossen Änderungen der Entfernungseinstellung dann wieder ungebremst hervorbrechen können. Auch wenn das Canon FD 200 mm f/4 auf Unendlich korrigiert wurde, glänzt es weiterhin bei kürzeren Distanzen, dank seiner Innenfokussierung, die nebenbei masstabbedingte Aberrationen in Schach hält.

Bei der kürzesten Entfernungseinstellug zeigt das Objektiv eine sehr gleichmässige Schärfe von der Bildmitte bis zu den Ecken und kann daher vorbehaltlos für Nahaufnahmen verwendet werden.

Das ist übrigens immer noch der Fall, wenn das Objektiv mit einer hochwertigen achromatischen Nahlinse bestückt wird (hier die vom Sigma 80-200 mm f/3,5-4), Ablendung auf f/8 oder f/11 vorausgesetzt.

Fazit

Wenn es um erschwingliches 200 mm – Altglas geht, denken nur wenige Anwender an das Canon FD 200 mm f/4. Zu Unrecht, denn das Objektiv, das bei seiner Markteinführung im Jahre 1979 wohl zu den modernsten seiner Zunft gehörte, kann auch heute noch selbst kritische Fotografen zufriedenstellen. Während mancher Hersteller schon damals zwischen “Profi”-und “Amateur”-objektiven unterschied und der letzten Gruppe manche konstruktive Ressourcen versagte, züchtete Canon selbst offenkundig “banale” Objektive wie das FD 200 mm f/4 auf optische Höchstleistungen.

Das lichstärkere FD 200 mm f/2,8 ist optisch nicht besser, sondert liefert “nur” eine Lichtreserve von einer Blende, die heutzutage ausser für Bokehspielereien eigentlich kaum noch praktische Vorteile bringt. Das lichtschwächere Modell ist dagegen schnell in einer Jackentasche verstaut und bietet eine schnellere und leichtere Scharfeinstellung. Das “focus peaking” wird dabei durch den guten Kontrast bei Offenblende begünstigt, die Schärfenachführung ist ebenfalls ein Kinderspiel. Übrigens schafft die Innenfokussierung auch auf dem Stativ Handhabungsvorteile, denn der Schwerpunkt des Objektivs verändert sich mit der Scharfeinstellung nicht mehr.

Verglichen mit einem typischen 80-200 mm Zoom der gleichen Epoche erscheint das FD 200 mm f/4 fast filigran. Zusammen mit einem FD 100 mm f/2,8 oder FD 85 mm f/1,8 bringt es dabei kaum mehr auf die Waage und bietet dann auch mehr Lichstärke. Natürlich ersetzt es mein FD 80-200 f/4 L nicht vollständig : letzteres bietet dank seiner Calciumfluorit – und UD – Elemente eine weitergehende Korrektur des sekundären Spektrums und ausserdem eine verkürzte Nahgrenze von 1,2 m. Das FD 200 mm f/4 hat aber trotzdem alles, was man für gute Fotos braucht – ich frage mich übrigens öfters, warum Canon dieses kleine und so unscheinbare Juwel nicht in seine EF-Serie übernommen hat.

Leave a comment

error: Content is protected !!