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Minolta MC Apo Tele Rokkor 400 mm f/5,6

Minolta MC Apo Tele Rokkor 400 mm f/5,6

Das Minolta Apo 400 mm f/5,6 existiert in insgesamt vier verschiedenen Versionen, die sich aber nur kosmetisch und mechanisch voneinander unterscheiden : das MC Rokkor (Meter Coupled) kam 1976 auf den Markt und wurde dann ein Jahr später durch das MD Rokkor ersetzt, das dann wiederum vier Jahre später dem MD (ohne Rokkor) weichen musste. Vom MD Rokkor gab es zwei verschiedene Varianten, die sich nur durch die Beschriftung voneinander unterschieden. Während die letzte Version (MD ohne Rokkor) einen schicken Goldring bekam, unterscheiden sich die vier Versionen ansonsten nur über die mechanischen Übertragungsmöglichkeiten, das heisst zur Offenblendenmessung (MC) kam dann auch die für Blenden-und Programmautomatik notwendige Übertragung des kleinsten Blendenwerts (MD) dazu.

Optik und Mechanik

In der ersten Hälfte der 1970er Jahre waren Objektive mit Sondergläsern noch relativ dünn gesät und Canon nahm damals mit seiner Technologie zur Züchtung von künstlichen Flussspat (Kalziumfluorid) noch eine absolute Sonderstellung ein, da der Hersteller auch lichtstärkere Objektive wie das FL-F oder FD-F 300 mm f/2,8 mit diesem Material ausstatten konnte. Mit seinem ED – Glas konnte Nikon erst im Jahre 1976 aufwarten, während die Käufer von damaligen Konica (300 mm f/6,3 FL) und Minolta-Kameras (400 mm f/5,6 und 600 mm f/6,3 Apo) noch mit etwas lichtschwächeren Teleobjektiven vorlieb nehmen mussten.

Doch zurück zum Minolta Apo 400 mm f/5,6. Dieses besitzt 7 Elemente in 5 Gruppen, wobei die zweite Linse in der vorderen Gruppe aus Kalziumfluorid – Kristall anstatt aus optischem Glas besteht. Das Objektiv ist also ein echter Apochromat, das heisst, es schaltet das sekundäre Spektrum dank seiner Korrektion dreier Wellenlängen des Lichts weitestgehend aus. Chromatische Aberrationen sowohl in Quer – als auch Längsrichtung werden damit unterdrückt und dürften damit in der Praxis keine oder nur leicht zu korrigierende Farbsäume produzieren.

Das von mir hier vorgestellte Exemplar trägt die Gravur MC APO TELE ROKKOR-X 1 : 5.6 f = 400 mm, es wurde also im ersten Produktionsjahr (1976) für den amerikanischen Markt gefertigt. Mit satten 1,44 kg bietet es sich für Freihandaufnahmen gerade noch an, ist aber auf einem Ein – oder Dreibein etwas besser aufgehoben, zumal die traditionelle Entfernungseinstellung mit Schneckengang einen Freihandeinsatz nicht einfacher macht (der Auszug verändert den Schwerpunkt). Das Objektiv ist zwar mit 256,5 mm wesentlich kürzer gebaut als ein Fernobjektiv, wirkt aber trotzdem “sperriger” als vergleichbare Objektive aus den Achtziger Jahren oder das zeitgleich angebotete Canon FD 400 mm f/4,5 SSC, das erstmalig mit Innenfokussierung aufwarten konnte. Das Minolta Apo 400 mm f/5,6 besitzt eine eingebaute, ausziehbare, Streulichtblende sowie einen Stativanschluss, der zwar sehr stabil wirkt, aber leider nicht abnehmbar ist. Der Filterdurchmesser liegt mit 72 mm in der Norm, während die dem altmodischen Schneckengang geschuldete kürzeste Einstellentfernung von 5 Metern alles andere als praxisnah ist. Übrigens besizt das zwischen 1973 und 1975 angebotene Nikkor 400 mm f/5,6 ähnliche Kenndaten (Gewicht, Mindesteinstellentfernung, Filtergewindedurchmesser, Streulichtblende und Stativanschluss) und besitzt sogar, was nur wenige wissen, ein Element aus Kalziumfluorid (erst das Nachfolgemodell hat dann die exklusiven ED-Gläser aus Fluorglas) !

Mechanisch ist das Objektiv ein Traum und dem damaligen Verkaufspreis (1981 war es viermal so teuer wie das MD 300 mm f/4,5 IF…) durchaus angemessen. Während der Scharfeinstellring zwischen Unendlich und 5 Metern volle 360° zurücklegt, läuft er doch erstaunlich weich und gleichmässig für ein Objektiv traditioneller Bauart. Es gibt übrigens keinen “Hardstop” für die Einstellung auf Unendlich : während diese bei meinem Exemplar ziemlich genau auf der entsprechenden Markierung liegt, dreht sich der Ring etwas darüber hinaus, um die bei Temperaturschwankungen übliche Verformung der Fluoritlinse zu kompensieren. Auf dem Tubus findet man übrigens noch eine Markierung für Infrarotfilme, die Korrektion des sekundären Spektrums bezieht sich also wohl ausschlieslich auf den sichtbaren Bereich des Lichts. Die eingebaute Streulichtblende ist innen mattschwarz beschichtet und bleibt auch selbsttätig in ausgezogener Stellung. Leider ist sie etwas kurz, was aber aufgrund der sehr wirkungsvollen Mehrschichtvergütung keine unangenehmen Nebenwirkungen hat. Der eingebaute Stativring ist sehr robust und bietet eine gute Schwerpunktverteilung, wenn Kamera und Objektiv auf einem Ein – oder Dreibeinstativ eingesetzt werden.

Passend zu den Apo – Teleobjektiven bot Minolta auch einen speziell gerechneten 2 x -Telekonverter an, der zwar im Laufe der Jahre zweimal den Namen und das Äussere wechselte ( 2 x Teleconverter for Apo, 200 L oder 300L), aber optisch unverändert blieb. Der Telekonverter macht ein 800 mm f/11 aus dem 400 mm f/5,6, ohne dass die Bildqualität dabei merklich einknickt.

Technischer Steckbrief

MC Apo Tele Rokkor 5,6/400 mm

• Optischer Aufbau : 7 Linsen in 6 Gruppen (Zweites Element von vorn aus Kalziumfluorid)
• Vergütung: mehrfach (Achromatic Coating)
• Blendenskala : f/5,6 bis f/32 (ganze Stufe zwischen f/5,6 und f/8, halbe Stufen zwischen f/8 und f/32 )
• Anzahl der Blendenlamellen : 8
• Filterdurchmesser : 72 mm
• Kürzeste Entfernungseinstellung : 5 m
• Länge : 256,5 mm
• Durchmesser : 83 mm
• Gewicht : 1440 g
• Streulichtblende : eingebaut und ausziehbar
• Stativanschluss : eingebaut, nicht abnehmbar

Auflösungsvermögen und Kontrast nahe Unendlich

Wie üblich zeige ich Euch hier eine “Hardcore”- Testserie, die mit der Sony A7R nebst Stativ und 2 s Selbstauslöservorlauf bei 100 ISO fotografiert wurde. Ich habe mit maximaler Lupenvergrösserung und offener Blende auf den Rahmen rechts neben dem blauen Fensterladen scharfgestellt. Es handelt sich hier wieder um fast ungeschärfte Ausschnitte in 200% – Vergrösserung, die Korrektur der chromatischen Aberrationen wurde in Adobe Camera Raw desaktiviert.

Die ganze Szene im Überblick
f/5,6

Mitte und Ecke (rechts unten)
f/8

Mitte und Ecke (rechts unten)
f/11

Mitte und Ecke (rechts unten)
f/16

Mitte und Ecke (rechts unten)

Die Bilder wurden lediglich mit Standardeinstellung in Camera Raw geschärft. Was Auflösungsvermögen und Kontrast anbetrifft, finde ich die Leistungen nahe Unendlich über das gesamte Bildfeld schon so gut, dass Abblenden eigentlich nur zwingend ist, um eine grössere Schärfentiefe zu erreichen. Um die Vignettierung in den Bildecken zu beseitigen, sollte man auf f/8 abblenden, der beste Schärfeeindruck ist bei f/11 erreicht, wobei es allerdings zwischen f/5,6 und f/11 keine Unterschiede gibt, die nicht durch ein wenig aggressiveres Schärfen ausgeglichen werden könnten. Die Blenden f/16 bis f/32 führen zu einem rasanten Schärfeverlust und sollten deshalb nur verwendet werden, wenn maximale Schärfentiefe auf Kosten der Gesamtschärfe verlangt wird.

Auflösungsvermögen und Kontrast im Nahbereich

Der Begriff “Nahbereich” ist bei einer Mindesteinstellentfernung von 5 Metern natürlich ganz relativ. So ist man mit dem MC Apo Tele Rokkor 5,6/400 mm auch häufiger dabei zurückzuweichen, als sich dem Motiv zu nähern. Glücklicherweise bleibt die Abbildungsqualität auch im Nahbereich intakt, wenngleich auch die lateralen chromatischen Aberrationen im Randbereich deutlicher zu sehen sind.

Die ganze Szene im Überblick
f/5,6

Mitte und Ecke (links unten)
f/8

Mitte und Ecke (links unten)
f/11

Mitte und Ecke (links unten)
f/16

Mitte und Ecke (links unten)

Wie auch bei Unendlich, verbessert sich die Bildqualität kontinuierlich zwischen f/5,6 und f/11, ab f/16 nimmt dann die Beugungsunschärfe überhand und zerstört den knackigen Schärfeeindruck.

Verzeichnung, Vignettierung und chromatische Aberrationen

In Sachen Verzeichnung ist das Objektiv völlig unauffällig und die Vignettierung tritt auch nur bei Offenblende auf, um dann um eine halbe oder eine Stufe abgeblendet völlig zu verschwinden.

Ein Teleobjektiv muss sich immer auch an seinen chromatischen Aberrationen messen lassen und ich gab Euch ja mit den Ausschnitten weiter oben schon einen vagen Vorgeschmack. Um es auf den Punkt zu bringen, verdient das MC Apo Tele Rokkor 5,6/400 mm sein Label “APO” meiner Meinung nach in vollem Umfang. Auch wenn bei einer Vergrösserung von 200 % scharfumrissene und sehr schmale Farbsäume in den Ecken auftauchen können, bleiben diese bei kleineren Vergrösserungsmassstäben weitgehend unsichtbar und verschwinden auch vollständig nach einer automatischen Korrektur in Lightroom/Camera Raw. Ich habe bis jetzt noch keine einzige Aufnahme gefunden, bei denen sich der Einsatz der händischen Werkzeuge zur Entsättigung der Farbsäume irgendwie gelohnt hätte – es genügt also, die Korrektur der chromatischen Aberrationen in einem bei der Öffnung der Fotos in ACR angewandten Preset zu speichern, um Farbfehler völlig vergessen zu können !

Übrigens handelt es sich bei den chromatischen Aberrationen um minimale Querfehler (laterale CA), während Längsfehler (longitudinale CA) von Haus aus perfekt korrigiert sind. Es gibt also keine nennenswerten Farbsäume vor und hinter der Schärfenebene !

Das Minolta MC Apo Tele Rokkor 5,6/400 mm ist also wie auch moderne Teleobjektive mit Spezialgläsern besonders pflegeleicht, was die Bearbeitung der Aufnahmen angeht. Unter meinen häufig verwendeten Altgläsern ist es auch das einzige, bei dem ich bisher auf die Erstellung eines Objektivprofils verzichtet habe.

Bokeh

Natürlich kann das Objektiv in Sachen Bokeh mit einem lichstärkeren Objektiv nicht wirklich mithalten. Eine Offenblende von f/5,6 reicht bei 400 mm Brennweite im Allgemeinen aber aus, um den Hintergrund in cremige Farbflächen zu verwandeln. Das Bokeh wirkt dabei sehr harmonisch und drängt sich auch nicht in den Vordergrund, was wahrscheinlich mit der weitgehenden Korrektur der Bildfehler zusammenhängt. Einzig bei Spitzlichtern sieht man manchmal ein “kristallenes Glitzern” in den Unschärfekreisen, was möglicherweise dem Kalziumfluorid geschuldet ist.

Nahbereichserweiterung

Nach den ersten Aufnahmen mit dem MC Apo Tele Rokkor 5,6/400 mm fühlte ich mich durch die Nahgrenze von 5 Metern stark in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt und suchte nach Lösungen, um dieses Problem zu umgehen.

Sumpfdotterblume mit Vivitar Auto Macro Converter ohne Linsensatz-minimaler…
… und maximaler Auszug

Ich habe das Objektiv sowohl mit einen variablen Zwischenring (Vivitar Auto Macro Converter ohne Linsensatz) als auch mit einer achromatischen Nahlinse (Sigma AML72-01) eingesetzt und in beiden Fällen sehr ansprechende Resultate erzielen können. Ideal wäre die von Minolta dem MD 100-500 mm f/8 spendierte Nahlinse gewesen, aber diese wird meist zu astronomischen Preisen angeboten. Verglichen mit anderen Nahlinsen, wie zum Beispiel dem Modell Canon 500D, bietet sie eine wesentlich grössere und damit auch praktischere Mindestenfernung. Die achromatische Nahlinse von Sigma, ursprünglich für das Sigma 18-300 mm gerechnet, harmoniert übrigens hervorragend mit dem MC Apo Tele Rokkor 5,6/400 mm.

Tulpe mit achromatischer Nahlinse Sigma AML72-01

Telekonverter Minolta 300L

Zu Analog-Zeiten war ein Telekonverter das einzige Mittel, um bei weit entfernten Motiven eine besonders für Dia-Fotografen wichtige formatfüllende Abbildung zu erreichen. Aber lohnt sich dieses Zubehörteil mit heutigen pixelstarken Sensoren und Upscale-Algorithmen überhaupt noch ?

Obwohl der Minolta 300L unter meinem Dutzend von Telekonvertern wohl eindeutig zu den optisch ausgereiftesten gehört, zweifle ich doch an seinem praktischen “Nährwert”.

Mit einem Lichtstärkenverlust von zwei ganzen Blenden und einer für die Optimierung der Bildschärfe notwendigen Abblendung von einer Blende wird das Minolta APO 400 mm f/5,6 zu einem 800 mm f/16 Teleobjektiv – das Stativ wird also unausweichlich, wobei an dessen Stabilität durchaus hohe Ansprüche zu stellen sind, um überhaupt an scharfe Bilder denken zu können. Für lebendige Motive kann man das Ganze entweder vergessen oder aber auf ideale Lichtverhältnisse hoffen. Zumal man auch bei guten Lichtverhältnissen kaum unter 800 ISO davon kommt.

Fazit

Als das MC Apo Tele Rokkor 5,6/400 mm auf den Markt kam, sollte es wohl die Profikamera XM begleiten, der aber letztendlich der grosse Durchbruch versagt blieb.Deshalb sind das Objektiv, sein grosser Bruder mit Innenfokussierung 6,3/600 mm und die Zoom-Schwester 8/100-500 mm Apo auch zunächst die einzigen Versuche geblieben, auf dem Markt der professionellen Sport-und Naturfotografen Fuss zu fassen. Erst zum AF System hat der Hersteller dann lichtstarke Objektive mit Spezialgläsern herausgebracht, konnte aber Canon und Nikon nicht mehr einholen.

Das Minolta MC/MD 400 mm f/5,6 ist auch aus “historischen” Gründen ein interessantes Objektiv. Viel interessanter noch finde ich es aber im Einsatz, obwohl die “traditionelle” Entfernungseinstellung per Schneckengang zumindest am Anfang eine gewisse Spontanität verhindert. Man muss also ein wenig üben, um die operationellen Nachteile aufwiegen zu können.

Von der Bildqualität her bin ich vollauf begeistert, hier hat Minolta wirklich keinerlei Kompromisse gemacht und beim Sichten der Ergebnisse fühle ich mich sogar an das Leica APO-Telyt R 180 mm f/3,4 eines Freundes erinnert, das ich mal eine Zeit lang ausführen durfte.

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