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28 mm – Fünf Festbrennweiten und ein Zoom

28 mm – Fünf Festbrennweiten und ein Zoom

Bei mir sammeln sich regelmässig verschiedene Objektive mit Festbrennweiten um 28 mm an und ebenso regelmässig gehen diese dann wieder, nach mehr oder weniger gründlichen Tests, an andere Besitzer über. Dieses Mal habe ich mich mal dazu entschieden, die sechs im Moment in meinem Besitz befindlichen Objektive einmal gegeneinander antreten zu lassen. Die hier vorgestellten Exemplare haben verschiedene Anfangslichtstärken und kommen von unterschiedlichen Herstellern. Ich habe sie auch mit dem von mir aktuell an der Sony A7 am häufigsten verwendeten Objektiv mit variabler Brennweite (Canon FD 28-85 mm f/4) verglichen, das auch schon separat hier vorgestellt wurde. Hier im einzelnen die Probanden :

1. Nikon Nikkor 28 mm 1 : 3.5 (AI). Es handelt sich um die neueste optische Rechnung dieses Objektivs, das bei der letzten AI-S-Überarbeitung lediglich mechanisch verändert wurde. Das von mir getestete Exemplar ist optisch und mechanisch in einem hervorragenden Zustand, die Verarbeitung ist grossartig, auf typischem Nikon-Standard.

2. Sigma Mini-Wide 1 : 2.8 f = 28 mm Multi-Coated. Die erste Version des Mini-Wide ist irgendwann gegen Ende der Siebziger herausgekommen. Sie unterscheidet sich sowohl optisch als auch mechanisch von der Nachfolgeversion Mini-Wide II, die einen sehr guten Ruf geniesst. Das Objektiv liefert die kürzeste Naheinstellung der vorgestellten 28er (21, 5 cm bei Massstab 1 :4,5), die Konstruktion ist aus Metall und die Beschriftungen eingraviert, während die zweite Version viel Kunststoff verbaut und die aufgedruckten Beschriftungen einem Abrieb ausgesetzt sind. Die Einstellringe sind ziemlich stramm, aber laufen ohne Spiel.

3. Minolta MD 28 mm 1 : 2.8. Es handelt sich um die späte, fünflinsige, “plain” MD III-Version, die Anfang der Achtziger auf den Markt kam. Das von mir getestete Exemplar ist optisch und mechanisch in sehr gutem Zustand, die Verarbeitung ist ebenfalls ohne Makel, wenngleich der Blendenring auch aus Plastik ist. Dieses Objektiv wird im Allgemeinem als minderwertigere Variante des Siebenlinsers mit gleichen Daten und Aussehen angesehen, wohl weil viele Fotografen meinen, dass mehr Elemente auch mehr Leistung bringen.


4. Canon Lens FD 28 mm 1 : 2 SSC. Das Objektiv ist im Jahre 1976 auf den Markt gekommen und besitzt sowohl Mehrschichtenvergütung (SSC) als auch automatischen Korrektionsausgleich bei Entfernungsänderungen (Floating Elements). Nach einer Generalüberholung ist es optisch und mechanisch in einem sehr guten Zustand, die Verarbeitung ist hervorragend, in Ganzmetallbauweise und Chromring-Anschluss.

5. Asahi Opt. Co. Japan Super-Multi-Coated TAKUMAR 1 : 3.5 /28. Ein weiterer Klassiker, der Mitte der Siebziger aufkam. Es handelt sich um die neueste Version mit M42-Anschluss, deren optische Rechnung aber anders ist als die der nachfolgenden und hochgelobten Version mit Pentax-K-Bajonett. Das SMC Takumar ist sehr solide ganz aus Metall gefertigt, aber typisch für die 70-er Jahre ist der Entfernungseinstellring aus dem Vollen gefräst und ohne handschmeichelnde Gummierung.

6. Canon Zoom Lens FD 28-85 mm 1 : 4. Kurz vor der Einführung der Canon EF-Objektivlinie vorgestellt, besitzt das Objektiv einen Mix aus Metall (innen) und hochwertigem Kunststoff (aussen). Nach einer Generalüberholung ist das von mir getestete Exemplar sowohl mechanisch als auch optisch einwandfrei.

Insgesamt bildet die hier vorgestellte Auswahl einen Querschnitt durch die in den Siebzigern und Achtzigern erhältlichen 28 mm – Objektive von japanischen Anbietern, da ich sowohl lichtstarke (f/2) auch auch lichtschwache (f/3,5) Varianten teste. Allerdings habe ich in der Vergangenheit schon Unmengen von 28 mm-Objektiven von Canon, Chinon, Enna, Leitz, Pentax, Praktica, Sigma, Tokina und Vivitar besessen und/oder getestet, von denen ich eigentlich nur dem Leitz Elmarit-R 28 mm f/2,8 eine (halbe) Träne nachweine, die anderen haben trotz oft guter Leistungen keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Ein Gruppenbild der getesteten Objektive.

Ich habe hier absichtlich Testszenen gewählt, die für meine Altglas-Fotopraxis (Landschaft, Architektur, Städtebilder, etc.) relevant sind. Den maximalen Nahbereich habe ich nicht untersucht, da die Naheinstellgrenzen der einzelnen Objektive doch sehr unterschiedlich sind. Allerdings hat hier das Canon 2/28 mm durch Floating Elements hier wahrscheinlich die Nase vorne. Auch wenn das Sigma Mini-Wide einen maximalen Abbildungsmassstab von 1 : 4,5 bietet, ist die Abbildungsqualität nur in der Bildmitte zufriedenstellend und eignet sich also nicht für anspruchsvolle Anwendungen.

Die Sony A7 befand sich auf einem soliden Stativ und wurde über Selbstauslöser mit elektronischem ersten Vorhang und 2 Sekunden Vorlauf ausgelöst. Die Tonwerte und Farben der Raw-Dateien wurden in Camera Raw bearbeitet, die chromatische Aberration nicht korrigiert und die Schärfung bei Standardwerten gelassen.

Auflösungsvermögen und Kontrast bei Unendlich

Damit die Unterschiede deutlicher werden, zeige ich hier Ausschnitte aus Bildmitte, Bildrand (rechts oben) und Bildecke (links oben) in zweihundertprozentiger Vergrösserung. Die Scharfeinstellung mit maximaler Suchervergrösserung wurde auf die Regenrinne des rechten Hauses vorgenommen, dadurch kommt es aufgrund der Bildfeldwölbung bei einigen Objektiven (vor allem Canon und Sigma) zu einer starken Minderung der Mittenschärfe bei grösseren Blenden. Um diese aufzufangen, wäre es hier möglich gewesen, mit den genannten Objektive auf ein Detail zwischen Bildmitte und Bildrand scharfzustellen.

Die ganze Testszene.

Offenblende

Natürlich ist ein Vergleich bei Offenblende ziemlich unfair für die lichtstärkeren Objektive und insbesondere das Canon FD 28 mm f/2 SSC. Aber er zeigt doch die unterschiedliche Abbildungsquarakteristik auf und bringt die Bildfeldwölbung der Canon und Sigma 28 mm und die Kontrastschwäche des letzteren zu Tage.

Nikon @ f/3,5.
Sigma @ f/2,8.
Minolta @ f/2,8.
Canon @ f/2.
Pentax @ f/3,5.
Canon Zoom @ f/4.

Das Nikon zeichnet sich durch perfekt korrigierte Bildfeldwölbung aus und liefert bei Offenblende eine schöne Schärfe in der Mitte und etwas weiche Ecken (hier durch 200%-Vergrösserung sehr sichtbar). Das Sigma ist nur am Rand und in den Ecken detailreich aber sehr weich. Die Bildmitte ist durch die Bildfeldwölbung unscharf geworden. Das Minolta zeigt offen schon eine überzeugende Bildqualität in der Mitte und am Rand, die Ecken leiden unter Koma und sphärischer Aberration. Das lichtstarke Canon ist unscharf in der Bildmitte (Bildfeldwölbung) und in den Ecken (Koma und sphärischer Aberration), der zur Scharfeinstellung verwendete Bildrand ist scharf ! Das SMC Takumar zeigt schöne Leistungen am Bildrand, die Mitte und die Ecken bleiben zurück ; der Kontrast ist aber schon gut. Das Canon-Zoom zeigt gute Ergebnisse am Rand und in der Mitte, die Bildecken leiden unter Koma und sphärischer Aberration.

f/5,6

Nikon
Sigma
Minolta
Canon
Pentax
Canon Zoom.

Alle Objektive zeigen jetzt bessere Leistungen, das Nikon ist sehr gut von der Mitte zum Rand, das Sigma bringt gute Schärfe aber einen schwächeren Kontrast, die Minolta, Canon und Pentax-Objektive lassen nur noch in den äussersten Bildecken zu wünschen übrig. Klarer Sieg für das Nikon 28 mm f/3,5.

f/11

Nikon
Sigma
Minolta
Canon
Pentax
Canon Zoom

Die Nikon, Minolta, Pentax und Canon-Festbrennweiten überzeugen jetzt im ganzen Bildfeld, das Sigma auch, aber mit weniger Kontrast. Das Canon Zoom zeigt noch Schwächen in den äussersten Bildecken, aber das nur bei 28 mm, bei 35 mm ist es quasi-perfekt ab f/5,6.

Auflösungsvermögen und Kontrast bei ungefähr 1,5 m Entfernung

Die ganze Testszene.

Offenblende

Nikon @ f/3,5
Sigma @ f/2,8

Minolta @ f/2,8
Canon Zoom @ f/4
Pentax @ f/3,5
Canon @ f/2

f/8

Nikon
Sigma
Minolta
Canon
Pentax
Canon Zoom

Bei f/8 liefern die Objektive ähnliche Ergebnissse, das Sigma bleibt kontrastärmer.

Verzeichnung, Vignettierung und Streulichtneigung

Bei allen festbrennweitigen Objektiven ist die Verzeichnung sehr gut korrigiert und wird bei den meisten Anwendungen nicht auffällig. Das Canon-Zoom verzeichnet bei 28 mm tonnenförmig. Die Vignettierung ist bei allen Objektiven bei Offenblende ausgeprägt und vermindert sich dann bei Schliessung der Blende. Das Canon Zoom und das SMC Takumar zeigen nur wenig Randabschattung, gefolgt von Nikon, Canon, Minolta. Das Sigma-Objektiv bildet das Schlusslicht, denn die Bildausleuchtung wird erst ab f/8 gleichmässig.

Das Sigma zeigt hier bei f/2,8 das “Worst Case Scenario” in Sachen Vignettierung. Die Verzeichnung ist aber erstaunlich gut korrigiert.

In Sachen Streulichtneigung bei Gegenlicht gibt es grosse Unterschiede : das Nikkor und das SMC-Takumar zeigen nur einen kleinen Kontrastverlust und einzelne noch diskrete Blendenflecke. Das Minolta hat noch guten Kontrast aber sehr prominente Blendenflecke, dicht gefolgt vom Canon 28-85 mm. Das Canon 28 mm SSC ist durch seine zahlreichen und grossen Linsen in Sachen Streulichtarmut benachteiligt, aber schlägt sich noch wacker, während man beim Sigma das Motiv vor lauter Blendenflecken kaum noch sehen kann.

Sigma
Nikon
Minolta
Canon
Pentax
Canon Zoom

Die beiden Canon-Objektive haben übrigens acht Blendenlamellen und sind dadurch bei Abblendung (hier auf f/11) gut geeignet, um schöne sternförmige Effekte um punktförmige Lichtquellen zu zaubern. Die andere Objektive müssen sich mit sechs Blendenlamellen zufrieden geben.

Was die laterale chromatische Aberration anbetrifft, leiden alle vorgestellten Objektive mehr oder weniger darunter. Die obigen Bildausschnitte machen Vergleiche, vor allem am Bildrand, gut möglich.

Fazit

Zwischen den beiden Prestigebrennweiten 24 und 35 mm “eingekeilt”, werden die 28 mm-Objektive von den meisten Fotografen recht stiefmütterlich behandelt. Meiner Meinung nach zu Unrecht, denn es gibt auf dem Gebrauchtmarkt für recht wenig Geld viele schöne alte Objektive dieser Brennweite, da fast jeder Fotograf in den Siebzigern und frühen Achtzigern zu seinen 50 mm Standard und 135 Tele auch ein 28 mm-Weitwinkel besass. Ausserdem ist das 28 mm in Sachen Bildgestaltung leichter zu beherrschen als das 24 mm und bietet auch einen grosszügigeren Bildwinkel als das 35 mm.

Sony A7 mit Canon FD 28 mm f/2 SSC bei f/11.
Sony A7 mit Canon FD 28 mm f/2 SSC bei f/11.

Unter den hier vorgestellten Objektiven werde ich das Nikkor 28 mm f/3,5 sicherlich behalten. Es bietet die ausgewogensten Leistungen im ganzen Entfernungsbereich und eine Mechanik, die einfach Spass macht. Das Sigma wird sicherlich einen neuen Besitzer suchen müssen – obwohl die Mechanik erstaunlich solide wirkt, fehlt es dem Objektiv vor allem bei grösseren Blenden an Kontrast und das Verhalten bei Gegenlicht ist für meine Art von Fotos nicht akzeptierbar.

Sony A7 mit Canon nFD 28-85 mm f/4 bei f/11.

Vom Minolta MD habe ich mittlerweise zwei Exemplare, ich werde also eins davon wieder abstossen. Beim SMC Takumar gibt es für mich nur das M42-Gewinde zu bemängeln – ich frage mich eigentlich, was das so gehypte und mittlerweile ziemlich teure SMC Pentax 28 mm f/3,5 noch besser machen könnte.

Sony A7 mit Canon nFD 28 mm f/2,8 bei f/11.

Meine beiden Canons behalte ich natürlich. Auch wenn das lichtstarke FD 28 mm f/2 SSC hier aufgrund seiner Bildfeldwölbung nicht so gut wegkommt, leistet es mir in der Praxis mit sorgfältiger Entfernungseinstellung hervorragende Dienste. Es ist eines meiner besten Altgläser. Das FD 28-85 mm f/4 ist im Landschafts-und Stadteinsatz hervorragend, für perfekte Randschärfe (bis auf 0,5 % der Bildfläche) muss man es einfach bei 28 mm auf f/11 abblenden und es wird so gut wie das Nikkor. Solange ich dann auch mein Voigtländer Color-Skopar 20 mm f/3,5 dabei habe, kann das 24 mm dann ruhig zuhause bleiben.

P.S : seit einigen Tagen besitze ich auch ein Zuiko OM 28 mm f/2,8. Das scheint mir viel besser zu sein als sein Ruf. Leider konnte ich es in diesen Test nicht mehr aufnehmen.




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