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Canon Lens FD 28 mm f/2 SSC

Canon Lens FD 28 mm f/2 SSC

Ich finde, es ist Zeit, diesem hervorragenden Objektiv einen eigenständigen Bericht zu gönnen, denn zum einen verwende ich es regelmässig mit gutem Erfolg und zum anderen bleibt es trotz seinem fortgeschrittenen Alter für Anwender von spiegellosen Kameras hochaktuell. Das Canon FD 28 mm f/2 SSC kam 1976 auf den Markt und wurde dann drei Jahre später im Zuge des Übergangs vom bewährten Klemmring-Bajonett zum nFD-Schnellbajonett durch das wesentlich kleinere, leichtere und optisch überarbeitete Canon FD 28 mm f/2 ersetzt.

Bei seiner Markteinführung gesellte sich das mehrschichtvergütete FD 28 mm f/2 SSC zum nur einfach vergüteten FD 28 mm f/2,8 SC, das seinerseits den etwas lichtschwächeren Veteran FD 28 mm f/3,5 SC ersetzte.

Optik und Mechanik

Optisch ist das FD 28 mm f/2 SSC mit seinen 9 in 8 Gruppen angeordneten Linsen deutlich aufwendiger als das FD 28 mm f/2,8 SC (7 Linsen in 7 Gruppen), was auch dem eingebauten Entfernungsausgleich (Floating Elements) geschuldet ist, der die Korrektion des Objektivs über den gesamten Entfernungsbereich erhalten soll. Allerdings gibt es keine asphärischen Elemente.

Die mechanische Ausführung ist hervorragend, alle Einstellringe des Objektivs sind aus Metall. Trotzdem bleibt das FD 28 mm f/2 SSC relativ leicht (343 g) und bleibt mit einer Länge von 61 mm auch noch ziemlich kompakt. Der Blendenring ist doppelt “kugelgelagert” und bietet dadurch eine Verstellung in halben Stufen zwischen f/2 und f/22. Bei der Entfernungseinstellung wird das Objektiv nicht länger, der Entfernungsausgleich ist also gewissermassen mit einer Innenfokussierung gekoppelt, welche bei kürzeren Distanzen die hinteren Elemente in Richtung Frontgruppe verschiebt. Für die Fokussierung verwendet das Objektiv keine klassische Einstellschnecke, sondern auch bei Zoom-Objektiven verwendete Gleitlager, die sich in dafür vorgesehenen Bahnen (cams) bewegen. Es gibt auch bei diesem Objektiv die bei Canon FD-Objektiven üblichen Abnutzungserscheinungen – um eine einwandfreie Bedienung und Bildqualität zu gewährleisten, müssen die Gleitlager also ersetzt werden. Wie bei allen Objektiven mit Floating Elements ist dabei auch eine korrekte Kalibrierung des Unendlichanschlags unabdingbar. Man sollte ausschliesslich Adapter benutzen, die das Auflagemass strikt einhalten und also weder zu kurz noch zu lang sind.

Das FD 28 mm f/2 SSC besitzt ein Filtergewinde aus Metall, das Filter mit dem damals üblichen Standarddurchmesser 55 mm akzeptiert. Die Fassung dreht sich bei der Entfernungseinstellung nicht mit, was den Einsatz von Polarisations-und Grauverlaufsfiltern erleichtert. Die zum Objektiv passende Streulichtblende BW-55B wird über einen Bajonettanschluss adaptiert, die meisten heute erhältlichen Exemplare sind aber mittlerweile etwas “ausgeleiert” und können leicht verloren gegen. Zwei schmale Streifen schwarzes Isolierband haben bei meinem Exemplar die einst straffe Passform wiederhergestellt.

Ansonsten hinterlässt mein Exemplar einen sehr soliden Eindruck, alle Ringe drehen sich absolut spielfrei und mit genau richtig bemessenem Widerstand.

Steckbrief

Canon FD 28 mm f/2 SSC

• Optischer Aufbau : 9 Linsen in 8 Gruppen
• Vergütung: mehrfach (Super Spectra Coating)
• Blendenskala : f/2 bis f/22 (halbe Stufen zwischen Offenblende und f/22)
• Anzahl der Blendenlamellen : 8
• Filterdurchmesser : 55 mm
• Kürzeste Entfernungseinstellung : 0,3 m (Entfernungsausgleich)
• Länge : 61 mm
• Gewicht : 343 g
• Streulichtblende : BW-55B

Auflösungsvermögen und Kontrast nahe Unendlich

Die folgende Testserie wurde mit einer auf einer Mauerbrüstung aufgestützten Sony A7R bei ISO 200 fotografiert. Dabei habe ich darauf geachtet, dass die Belichtungszeit bei der mit kleinster Blende angefertigten Aufnahme immer noch über der zulässigen Verwacklungsgrenze bleibt um Unschärfen zu vermeiden. Vorher habe ich mit maximaler Lupenvergrösserung und offener Blende auf ein Detail in der Bildmitte scharfgestellt. Die Bilder wurden nur mit Standardeinstellung in Camera Raw geschärft, die lateralen und longitudinalen chromatischen Abberationen bleiben unkorrigiert. Letztere bleiben aber sehr moderat und in Camera Raw noch gut beherrschbar und verschwinden nach einer automatischen Korrektion fast vollständig. Bedenkt bitte, dass es sich hier um fast ungeschärfte Ausschnitte in 200% – Vergrösserung handelt und man ansonsten eine Fotografie nur ganz selten in einem so grossen Massstab reproduzieren würde.

Die gesamte Szene bei f/8.
f/2 – Mitte und Rand (links unten).
f/2,8 – Mitte und Rand (links unten).
f/4 – Mitte und Rand (links unten).
f/5,6 – Mitte und Rand (links unten).
f/8- Mitte und Rand (links unten).
f/11 – Mitte und Rand (links unten).
f/16 – Mitte und Rand (links unten).

Bei Offenblende ist das Objektiv im ganzen Bildfeld kontrastarm, das Auflösungsvermögen ist aber trotzdem beachtlich. Am Rand zeigen sich laterale chromatische Aberrationen, deren störende Farbränder aber nach einer automatischen Korrektur in Camera Raw vollständig verschwinden würden. Ab f/2,8 sind sie schon nicht mehr auszumachen. Der Schärfeeindruck verbessert sich dann kontinuierlich, wobei das Maximum bei f/5,6 (Mitte) beziehungsweise f/8 (Rand) erreicht wird. Die äussersten Bildecken (gefühlt 1 % der Bildfläche und in den Ausschnitten nicht berücksichtigt) werden allerdings erst bei f/11 knackig scharf. Ab f/11 beginnt die Diffraktion wieder ihr Unwesen zu treiben. Nach Möglichkeit sollte man also kleinere Blenden tunlichst vermeiden, wobei der Gewinn an Schärfentiefe auch oft vernachlässigbar ist. Die Übersichtsbilder offenbaren eine sichtbare Vignettierung in den Bildecken, die aber ab f/5,6 nicht mehr stört und bei kleineren Blenden dann völlig verschwindet.

Schärfe im Nahbereich

Im Nahbereich liefert das Objektiv Dank seiner “Floating Elements” zumindest im erweiterten Zentrum immer noch eine zufriedenstellende Schärfe ab Offenblende, die dann bei mittleren Blenden sehr gut wird.

Die gesamte Szene bei Offenblende.
f/2.
f/2,8.
f/5,6.
f/11.

Die Unschärfenkreise bei Offenblende zeigen eine deutliche Überkorrektur des Öffnungsfehlers, der sich in sichtbaren “Zwiebelringen” manifestiert. Das Bokeh ist also im Vordergrund weicher als im Hintergrund, was das Objektiv nicht gerade zum “Bokeh King” prädestiniert. Allerdings finde ich das unruhige Hintergrundbokeh nicht störend, denn ich setze Weitwinkelobjektive meist ein, um eine grosse Schärfentiefe zu erhalten. Von f/2,8 an wird die Form der Blende sichtbar, ab f/11 gibt es dann sichtbare Blendensterne.

Verzeichnung

Es wäre erstaunlich, wenn ein Weitwinkelobjektiv wie das Canon FD 28 mm f/2 SSC nicht unter einer gewissen Verzeichnung leiden würde – insofern waren mir Ansagen wie die von Laowa (zero distorsion) auch schon immer suspekt. Glücklicherweise bleibt die Durchbiegung gerader Linien aber relativ diskret, auch wenn sie bei kritischen Motiven durchaus sichtbar wird. Hier handelt sich um eine tonnenförmige Verzeichnung, deren Tendenz sich in Richtung Rand umkehrt (Schnurrbartverzeichnung). Mein selbst erstelltes Profil für Camera Raw/Lightroom funktionniert ziemlich gut für die Bildmitte, lässt aber das “Kissen” am Rand unversehrt, was aber auch eine typische Schwachstelle des Adobe Lens Profile Creator ist.

Die Verzeichnung wird im Nahbereich deutlicher.
Sie bleibt aber moderat.

Gegenlichtverhalten

Die Neigung zu Überstrahlungen ist die Eigenschaft, die mich beim Canon FD 28 mm f/2 SSC am meisten stört. Lichtquellen im oder knapp ausserhalb des Bildfelds sind sowohl von einem Halo als auch von mehreren Blendenflecken umgeben, wobei der Effekt mit steigendem Beleuchtungskontrast zwischen Lichtquelle und Umgebung immer störender wird. Bei Tageslichtaufnahmen bleiben die Auswirkungen relativ diskret, bei Nachtaufnahmen nehmen sie aber überhand und drohen die Bildwirkung zu stören. Glücklicherweise leidet der Allgemeinkontrast nur wenig.

Fazit

Braucht man heutzutage noch ein lichtstarkes Weitwinkelobjektiv ? Damals mussten die Fotografen Unsummen in ein Objektiv wie das Canon FD 28 mm f/2 SSC investieren, um in weniger günstigen Lichtverhältnissen noch vorzeigbare Fotos zurückbringen zu Können. Bei den heute möglichen ISO-Empfindlichkeiten “täte” es aber auch ein wesentlich günstigeres, aber nicht weniger leistungsstarkes Canon (n) FD 28 mm f/2,8 (SC), zumal das Canon FD 28 mm f/2 SSC für Astroaufnahmen sowieso nicht sonderlich geeignet ist (siehe Überstrahlungen). Trotz allem behalten aber “Träume aus Glas und Metall” wie das Canon FD 28 mm f/2 SSC ihre Anziehungskraft.

Abgesehen von der erhöhten Neigung zur Überstrahlung leistet das Objektiv immer noch Erstaunliches in Sachen Auflösungsvermögen und Kontrast und gibt sich auch bei Vignettierung und Verzeichnung keine (grösseren) Blössen. Ich setze es immer wieder gerne für Landschaft und Architektur ein, wo die bei meinem Vergleich der 28 mm-Objektive festgestellte Bildfeldwölbung auch nicht unangenehm auffällt, solange man nicht auf ein Detail am Bildrand scharfstellt.

Allerdings gibt es bei der Sache noch einen Haken : in letzter Zeit hat die erhöhte Nachfrage der Videofilmer für Canon FD SSC-Objektive und insbesondere die lichtstärkeren Varianten kräftig an der Preisschraube gedreht. Bei den momentan gängigen Preisen würde ich heute wahrscheinlich eher in ein Rokkor oder Nikkor investieren….

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