Das Canon FD 100 mm f/2,8 zählt zu den ältesten Objektiven im FD-System. Die erste Version kam ungefähr gleichzeitig mit der Canon F1 (1971) und die zweite zwei Jahre später heraus. Die dritte wurde schliesslich im Jahre 1979 mit einer völlig überarbeiteten Fassung in die neue Objektivlinie mit Drehbajonett überführt. Allen drei Versionen gemeinsam ist die optische Konstruktion, bestehend aus 5 Elementen in 5 Gruppen. Sie unterscheiden sich aber in Baulänge und Gewicht : während die ersten zwei Versionen identische Masse aufweisen (Länge 57 mm, Filtergewinde 55 mm), hat die zweite ein verringertes Gewicht (360 statt 430 g). Die letzte Version ist sowohl leichter (300 g) als auch kompakter (Länge 53, 5 mm, Filtergewinde 52 mm) als die vorhergehenden, was unter anderem des vermehrten Einsatzes von Kunststoffen geschuldet ist. In Sachen Vergütung unterscheiden sich die drei Modelle ebenfalls : das erste mit verchromtem Filtergewinde hat noch eine einfachere SC-Vergütung, während die anderen schon von der verbesserten SSC-Vergütung profitieren können.
Die von mir vorgestellte, letzte, Ausführung besitzt das neue Canon FD-Bajonett ohne Klemmring. Von den Abmessungen und vom Gewicht her unterscheidet sich das Canon nFD 100 mm f/2,8 kaum von einem Standard-Objektiv (z.B 50 mm f/1,4) der gleichen Linie, was auch eines seiner wichtigsten Vorzüge ist. In der Fototasche findet sich also immer ein kleines Plätzchen und notfalls kann es auch in einer Jackentasche mitgeführt werden. Das Äussere des Objektivs besteht weitgehend aus Kunststoff, was aber kaum Einfluss auf die Bedienung hat : der Scharfeinstellring dreht sich leicht und gleichmässig und der Blendenring rastet leicht und gut hörbar in halben Stufen ein (von f/2,8 bis f/32). Die vordere Fassung besitzt ein Bajonett für die Streulichtblende BT-52 und ein Gewinde für Filter mit 52 mm Durchmesser. Dank einer Geradeführung des vorderen Tubus ist die Verwendung von Pol-Filtern durchaus konfortabel. Die Naheinstellgrenze bricht allerdings keine Rekorde, denn das Objektiv lässt sich nur bis 1 Meter scharf stellen (grösster Abbildungsmasstab 0,12 x ).
Ich verwende das Objektiv wahlweise mit zwei verschiedenen Adaptern auf meiner Sony A7 : einem K&F Concept mit typischem Lock-Open-Ring und einem C7 Adapter mit eingebautem Stativanschluss. Letzterer hat wie der Adapter von Novoflex einen Mechanismus, der die Blende beim Ansetzen des Objektivs auf die Arbeitsblende schliesst – das finde ich ungleich konfortabler und sicherer.
Optischer Aufbau : 5 Linsen in 5 Gliedern
Bildwinkel : diagonal 24 °, horizontal 20° und vertikal 14°
Blendenskala : 2,8-32 (in halben Stufen)
Filterdurchmesser : 52 mm
Kürzeste Entfernungseinstellung : 100 cm
Grösster Abbildungsmassstab : 0,12 x
Masse : Länge 53,4 mm, Durchmesser 63 mm, Gewicht 270 g
Streulichtblende : BT-52
Ich habe schon seit langem eine kleine Schwäche für die 100 mm – Brennweite. Diese hebt sich deutlicher von der Standardbrennweite ab und bietet eine stärkere Komprimierung des Hintergrundes und auch einen etwas grösseren Arbeitsabstand bei gleichem Abbildungsmassstab als die 85 mm-Brennweite. Persönlich besitze und benutze ich nicht weniger als sechs Objektive mit Brennweiten zwischen 90 und 100 mm, sowohl Makrospezialisten als auch mehr oder weniger lichtstarke “Portraitobjektive”, die sich aber letztendlich für weit mehr Sujets eignen als ihr etwas restriktiver Namen erahnen lässt. Alle diese Objektive besitzen eine sehr gute Abbildungsleistung schon bei Offenblende und unterscheiden sich eigentlich in Sachen Bildqualität nur in Details – allerdings setzt sich das EF 100 mm f/2,8 Makro mit Bildstabilisator beträchtlich vom FD 100 mm f/2,8 ab, was die Einsatztiefe (Makro, Landschaft, Porträt, Available Light, etc.) anbetrifft. Das FD 100 mm f/2,8 sammelt aber Punkte, wenn es um geringes Gewicht und Packmass geht, zum Beispiel bei Wanderungen und Flugreisen.
Das von mir getestete Exemplar hat schon bei Offenblende einen schönen Kontrast, Details werden deutlich aufgelöst, von der Bildmitte bis zum äussersten Rand (getestet mit einer Sony A7, also 24 x 36 mm Format). Sphärische Aberrationen (leichte Weichheit der Konturen) sind vorhanden, aber sind nur beim Pixelpeepen (100 %) auffällig. Chromatische Aberrationen bleiben ebenfalls sehr diskret und äussern sich hauptsächlich an Kontrastkanten (laterale CA mit schmalen Magenta-und Cyan-Rändern). Gleiches gilt auch für die Vignettierung (leicht sichtbar bei Offenblende, bei f/4 verschwunden) und die Verzeichnung (sehr leicht kissenförmig).
Auch wenn die Nahgrenze nicht berauschend ist, kann das Objektiv mit Zubehör (Achromatische Nahlinse, Zwischenringe) für näher gelegene Sujets « fit gemacht » werden und das ohne grosse Verluste in der Bildqualität.
Für Nahaufnahmen verwende ich eine achromatische Vorsatzlinse von Sigma (ungefähr 2 Dioptrien), die die Nahgrenze bei unendlich auf 50 cm reduziert.
Das Bokeh ist, ganz wie die allgemeine Abbildungscharakteristik, weich und angenehm. Es gibt keine störenden Doppelkonturen, aber die Blende im Hexagon sorgt doch für sechseckige Glanzlichter. Um deren runde Form zu behalten, darf nicht stärker als auf f/3,5 abgeblendet werden !
Eine relative Anfälligkeit für verringerten Kontrast und Blendenflecken bei Gegenlicht ist meiner Meinung nach die einzige Schwäche dieses Objektivs. Die Streulichtblende sollte deshalb immer verwendet werden, notfalls tut es aber auch eine Einschraubblende aus Gummi oder Metall mit 52 mm Durchmesser.
Das FD 100 mm f/2,8 ist eins von meinen “Brot-und Butter-Objektiven”, die regelmässig in die Fototasche wandern. Brennweite und Format sind einfach perfekt und die Abbildungsqualität ist so gut, dass man nicht ständig über sie nachdenken muss. Natürlich gibt es lichtstärkere Objektive – ich denke ja gerade mal an das FD 100 mm f/2 und das FD 85 mm f/1,2 L aus dem gleichen Stall. Aber eigentlich brauche ich eine noch höhere Lichtstärke nur selten, und wenn, dann kommen bei mir das EF 135 mm f/2 L oder EF 100 mm f/2 zum Einsatz – beide bieten übrigens Abbildungsqualitäten, die denen des FD 100 mm f/2,8 wenn überhaupt nur leicht überlegen sind. Alternativen zum Canon gibt es übrigens genug : bei Fuji, Nikon, Olympus, Pentax und Konica mit den gleichen Kenndaten, bei Minolta ein wenig lichtstärker und bei Contax/Zeiss ein wenig lichtschwächer. Um nicht die ganzen 85 mm, 90 mm und 105 mm-Brennweiten zu vergessen, die ebenfalls für den gleichen Zweck verwendet werden können. Beim Canon FD hat mich das Preis-Leistungsverhältnis besonders angesprochen, neben dem geringen Gewicht und dem kleinen Packmass.